Steinberg, 2065 m (Hochkaltergebrige)
Plattenweg (III) - na ja, eigentlich "versehentlich" die Plattenvariante (IV)
Der Steinberg bei Berchtesgaden ist mit seinen 2065m die niedrigste Erhebung und die nordöstliche Begrenzung des Talkessels rund um die einmalig schön gelegene Blauseishütte im Hochkaltergebirge. (Auf Foto 1 ganz links) Laut Tourenführer bietet seine liegende Westwand, ein gigantischer Aufbau aus glatt geschliffenen Platten, ideales Gelände für alpine Neulinge. So war der Steinberg unsere Wahl für ein ganz besonderes Ereignis: den Einstieg für einen solchen Neuling in das alpine Bergsteigen.
Talort und Ausgangspunkt: Ramsau bei Berchtesgaden, Parkplatz Seeklause am Hintersee
Anforderungen: IV, (wenn man so klettert wie wir, die Plattenwand selbst III),
Wandhöhe 250m, Kletterlänge 400m (unsere Variante, sonst 340m), Kletterzeit lt. Führer 1:45 Std., wir haben 3 Std. gebraucht (weitere 20 min zum Gipfel)
Der Zustieg: Vom Parkplatz Seeklause am Hintersee auf markiertem, sehr gut ausgebauten Weg zur Blaueishütte (Zustiegzeit lt. Führer 2:30 Std., wir waren nach 1:50 Std. oben)
Von der Blaueishütte in 3min und nach 5 hm (!!!!) zum Einstieg.
Die Route: (So, wie wir sie geklettert sind, mehr dazu im Bericht unten!)
1. Seillänge, 30m, II
Vom Wandfuß einem schräg nach rechts geneigten Riss, wohl mehr eine Rinne, bis zu einer Rampe folgen.
2. und 3. Seillänge - 30m und 40m, jeweils IV
Für den Weg "Plattenwand" müsste man nur deutlich nach links queren - wir sind kurz links der Rampe einfach gerade hoch gestiegen, da wir Haken gesehen hatten.
Also: gerade hoch bis in eine glatt geschliffene Wanne mit einigen Standplätzen.
4. Seillänge, 40m, IV (wenn nicht schwerer!)
In der Wanne, die wir (davor stehend) ganz rechts erreicht hatten, war uns klar, dass wir falsch gestiegen sind. Um auf den richtigen Weg zurück zu gelangen:
Einem Handriss aus der Wanne folgen und dann über kleingriffige Platten zu einem Standplatz links haltend queren.
5. und 6. Seillänge, jeweils 40m, III+ und III
Über stufigen gut griffigen Fels links einer steilen Wand auf eine mit Latschen bedeckte Rampe steigen.
7. und 8. Seillänge, zusammen etwa 100m, II,
Eigentlich nichts zum Klettern - einfach zwischen Latschen und Felswand auf Pfad aufwärts und schließlich nach rechts zur "Steinberghöhle" unterhalb einer schon von der Blaueishütte aus deutlich erkennbaren Verschneidung steigen.
9. Seillänge, 25m, II
Neben der Höhle durch eine Rinne direkt zum Einstieg der Verschneidung.
10. Seillänge, 55 m, III (in der Verschneidung, dann I)
Durch die Verschneidung, die anschließende schuttige Rinne gleich nach rechts verlassen und über leichtes Gelände zum Normalanstieg auf den Steinberg, den rot markierten Weg Nr.752,
Zum Gipfel
Dem Weg Nr. 752 noch etwa 20 min zum Gipfel folgen.
Abstieg: Völlig problemlos auf markiertem Steig Nr. 752 (stellenweise I) absteigen und abklettern, ca. 1 Std. bis Blaueishütte.
Absicherung: ausreichend Stand- und Zwischenhaken, Sanduhren und Schlingenstände. Man braucht eigentlich nichts an zusätzlichem Sicherungsmaterial mitnehmen. Allerdings lassen sich Klemmkeile hervorragend unterbringen.
Topo und Anstiegsskizze: Auf diese beiden Extras haben wir hier verzichtet. Wir haben die Wand nur in der Perspektive oben links aufnehmen können, der Weg wäre in der Skizze völlig verzerrt.
Ein Topo unserer Tour ist für uns nicht nachvollziehbar, man findet aber für beide Wege sehr gute Topos auf der unten genannten Touren-Disk.
Literatur: Alpenvereinsführer "Berchtesgadener Land", Bergverlag Rother - München, ISBN 3-7633-1127-0,
Touren-Disk "Kletterziele Bayrische Voralpen, Nordtirol", Bergverlag Rother - München,
Karte: Kompass, Wander- und Radtourenkarte 794, Berchtesgadener Land, ISBN 3-85491-598-5;
Unser Team am 06.10.2005: Aldo Bergmann, Dirk Wiesner,
Familienurlaub in Ramsau bei Berchtesgaden und dann nicht klettern? Das geht angesichts der herrlichen Bergwelt nur schwer. Noch dazu wenn sich die Möglichkeit eröffnet, den Einstieg in das alpine Klettern zu vollziehen: für Dirk Wiesner!
So war der Steinberg im Hochkaltergebirge (Bild 1) wegen seiner hüttennahen Lage und der gelobten Westwand ein schnell gewähltes Ziel. Der Unterschied zu den meisten bisherigen Klettertouren: wir hatten kein Topo, nur die verbale Beschreibung der "Plattenwand III" im Alpenvereinsführer. Wird schon gehen, dachten wir!
So ging es also in den frühen Morgenstunden des 6. Oktober 2005 vom Hintersee hinauf zur Blaueishütte, und Dirk erwies sich schon hier durch einen superschnelle Aufstieg als knallharter Alpinist. (Bild 2)
Da wir wie gesagt kein Topo hatten, ließen wir uns vom Hüttenwirt kurzerhand den Einstieg zeigen, der liegt ja gleich neben der Hütte, und los ging es!
Während die erste sehr einfache Seillänge glasklar war, erlaubten wir uns dann einen kleinen Schnitzer. Eigentlich sollte ein kleiner Quergang nach links folgen, Dirk entdeckte aber die nächsten Haken gerade über uns. Hmm, wird schon seine Richtigkeit haben. Also ging es einfach gerade hinauf, über verdammt glatte Platten, die sich aber überraschend gut auf Reibung klettern ließen. Nur mit "III" hatte das nach unserer Erfahrung nichts zu tun!
Als wir dann die riesige Wanne als groben Orientierungspunkt erreicht hatten, war uns klar, das wir etwas falsch gemacht haben mussten: wir waren viel zu weit rechts. Unsere Tour war etwa 30m neben uns. Was also folgte, war ein abenteuerliches Verlassen der Wanne durch einen Riss und eine lange glatte Querung nach links in die richtige Route. (Bild 9).
Jetzt plötzlich stimmte auch die Beschreibung im Kletterführer wieder und nach einigen leichten Seillängen erreichten wir schon bald die abschließende Verschneidung (Bild 12) und einige Zeit später auch den Gipfel.
Stolz trägt Wiese sich in das Gipfelbuch ein, sein erster alpiner Klettererfolg.
Als wir dann über den Normalweg abgeklettert sind, wussten wir noch immer nicht, was wir eigentlich geklettert waren.
Die Lösung offenbarte sich beim Gipfelschnäpschen in der Blaueishütte: wir waren eine Version aus "Plattenwand III" und "Plattenvariante IV" geklettert, den abenteuerlichen Quergang haben wir in keiner Beschreibung gefunden.
Jedenfalls haben wir die Tour so gestaltet, dass wir mehrfach die leichtesten Passagen der beiden Wege durch schwerere Varianten des anderen Weges ersetzt haben. Und so sind wir unverhofft zu einer herrlichen IV gekommen.
Egal, welchen der beiden Wege (oder aber auch unsere Variante) man immer steigt: die Westwand des Steinberges bietet Klettergenuss aller erster Güte im einmalig schönen Einszugsbereich der Blaueishütte.
Nehmt diese Tour unbedingt mit, wenn ihr in diesem Gebiet mal unterwegs sein sohltet.