Der Gratweg über die Thorwalder Wände
Nein, das hier ist keine Wanderempfehlung. Denn dieser Höhenweg, der einst als der schönste Wanderweg der Sächsischen Schweiz bezeichnet worden ist, ist bereits seit 1979 unter dem Deckmantel des Naturschutzes gesperrt und zurück gebaut worden. Ich darf ihn also nicht empfehlen, ich würde zu einer Wanderung durch gesperrte Bereiche der Kernzone des Nationalparks und damit zu einer Ordnungswidrigkeit anstiften.
Gleichwohl ist dieser Weg, wenn man ihn denn geht, etwas Besonderes, eine besondere Tour eben!
Stellt sich zunächst natürlich die Frage, warum ich diesen Weg hier überhaupt vorstelle, wenn er denn gesperrt ist.
Das hat zwei Gründe:
Ich bin diesen Weg erstmals im August 1978, am zweiten Klettertag meines Lebens, im Zustieg zum Backofen, gegangen und war begeistert. Mein bis dato von touristischen Hochburgen geprägtes Bild der Sächsischen Schweiz war gekippt, ich siedle genau an diesen Tag den Beginn meiner bis heute andauernden Liebe zu dieser herrlichen Landschaft der hinteren Sächsischen Schweiz und des gesamten Gebirges an. Ich will mit diesem Beitrag an den Weg erinnern und versuchen, soweit das überhaupt möglich ist, seine Schönheit zu verdeutlichen.
Und: dieser Weg wird regelmäßig begangen, die Pfadspuren sind eindeutig. Aber auch die Spuren der „Verhauer“ sind unübersehbar, auch wir haben nicht immer sofort den richtigen Pfad gefunden. Genau das soll verhindert werden. Wenn wir uns schon in ein solches gesperrtes Gebiet begeben, dann so, dass wir so wenig wie möglich stören und erst recht nichts zerstören. Lies mehr dazu auch am Track des Pfades weiter unten.
Angaben zum Thorwalder Gratweg
Verlauf:
Grenzstein 6 der Deutsch-Tschechischen Grenze im Zeichengrund im Süden / Bereich Großer Hochhübelweg im Norden
Länge/Höhenunterschied:
ca. 4000m, ca. 500 hm (Rundkurs ab Neumannmühle etwa 13 km und ca. 800 hm)
Steiganlagen:
Ja und nein. Der Steig soll einst aus ca. 2700 Stufen und Leitersprossen bestanden haben. Er ist komplett zurück gebaut, man findet noch zahlreiche Stufen und Einkerbungen der ehemaligen Holzleitern und Sprossen. Geschätzt sollen nur noch ca. 700 Stufen zu erkennen sein.
Anspruch:
Sehr anspruchsvoll, anstrengend, absolutes Trittsicherheit und leichte Klettererfahrung unbedingt erforderlich.
Ausrüstung:
Klettergurt mit Abseilgerät und 30m-Seil erleichtern markante Stellen deutlich,
Orientierung:
Dem gut ausgetretenen Pfad folgen. Bei verwirrendem Pfadverlauf, selbst der Track hilft nicht, gilt: vorsichtig umsehen! Es finden sich fast immer künstliche Stufen oder Löcher alter Steiganlagen im Fels.
Karte und Literatur:
Auf aktuellen Karten ist dieser Weg nicht mehr eingezeichnet.
Literaturempfehlung: „Stille Wege, Band 2“ (sehr gute Beschreibung, übersichtliche Karte) – erhältlich im Stiegenbuchverlag, klick auf das Bild rechts!
Unterwegs auf dem Thorwalder Gratweg:
Gleich vorweg: gemeint ist hier der komplette Gratweg und nicht etwa Halbheiten zwischen Erlenschlüchte und Brückenschlüchte o.ä., wie man es im Internet immer wieder findet. Genau in diesen gesperrten Schlüchten hat niemand etwas verloren!
Für den kompletten Gratweg wandert man vom Parkplatz Neumannmühle am Zeughaus vorbei in den Großen Zschand bis zum Abzweig in die Hickelschlüchte. Hier nun beginnt das Begehen gesperrter Bereiche, denn man umgeht den Verhau des Weiterweges auf dem Großen Zschand und folgt ihm weitere ca. 500 m, bis links deutlich erkennbar der Zeichengrund aufwärts zieht. Diesen aufwärts, die letzten Meter direkt auf der Grenzlinie recht steil zu Grenzstein 6, genau auf dem Kamm.
Diesen Bereich kann man deutlich länger, landschaftlich aber sehr schön legal umgehen, wenn man vom Pfad in den Hickelschlüchten oberhalb der Hickelhöhle nach rechts dem Zustiegszeichen (schwarzes Dreieck) am Fuße des Langen Horns entlang zur Christelschluchtnadel direkt an der Grenze folgt, dort dann unerlaubt aufwärts bis Grenzstein 6.
Hier beginnt der Gratweg. Man steigt durch die deutlich sichtbare Spalte oder rechts einen Pfad aufwärts und folgt nun den Pfadspuren auf dem Kamm, hier da seltener begangen nicht so deutlich ausgeprägt, bis zum Treppengrund, der offiziell den Kamm überquert.
Dort den deutlich erkennbaren Spalt aufwärts und nun immer dem Gratweg entlang – siehe oben unter Orientierung.
In der Folge wird man von einigen Highlights überrascht. Dazu siehe mehr in den Beschreibungen der Fotos.
Track der Tour
Der nachfolgende Track der Tour ist keine originale Aufzeichnung. Denn wegen der Enge der Schluchten hat die aufgezeichnete Strecke enorm gestreut. Es handelt sich um eine Nachzeichnung anhand eines mittelmäßigen Downloads der Tour, meiner originalen Aufzeichnung und der Verwendung der OSM-Karte, die die Tour zu etwa 95 % treffen dürfte. Damit ist der Verlauf mit den Hinweisen aus „Orientierung“ wohl nicht mehr zu verfehlen:
(Hinweis: Höhen- und Kilometerangaben stimmen durch das Nachzeichnen nicht, es sind duetlich mehr!)
Distanz: | Kilometer |
Höhe (min): | Meter |
Höhe (max): | Meter |
Gesamtabstieg: | Meter |
Gesamtanstieg: | Meter |
Nachsatz
Naturschutz ist wichtig und gut. Leider stellt sich nur all zu oft die Frage nach Sinn und Unsinn bestimmter „Maßnahmen“, die unter dem Deckmantel des Naturschutzes durchgeführt werden. Wenn da eine mehrere hundert Jahre alte Kulturlandschaft, wie das Elbsandsteingebirge, zurück gebaut wird, stellt sich zumindest in mancher Hinsicht die Frage nach dem Warum. Damit sich der ausgestorbene und wieder angesiedelte Auerhahn am ehemaligen Gipfelbuchstab den Hintern jucken und der Luchs ungestört die Aussicht der Villa Fernblick genießen kann?
Ja, das ist Ironie. Und die Lösung? Man darf diese Tiere nur nicht jagen – es hat sie immer neben den Menschen gegeben. Und liest man in alten Kletterberichten: nicht die Auerhähne, die Menschen mussten flüchten! Und nimmt man heute das überlaufene Bielatal: die Luchse marschieren einem fünf Meter vor der Nase über den Weg.
Liebe Nationalparkverwalter, denkt moderner, sucht nach Alternativen, die die Natur und das Kulturumfeld der Menschen erhalten – warum nicht zum Beispiel eine begrenzte Personenzahl wöchentlich auf dem Gratweg gegen Anmeldung und ein bezahltes Permit zulassen - was man dann natürlich auch kontrollieren muss. In anderen Ländern geht das!