Rennsteiglauf 2016
Wenn einmal nichts läuft!
Alle Ultraläufe haben etwas gemeinsam: egal, ob 170, 70 oder 50 km – sie müssen erst einmal gelaufen werden. Das weiß man und mit entsprechendem Respekt steht man an jedem Start. Hat man freilich solch eine Schrumme wie den JUNUT in der Tasche, kann man durchaus lockerer wenige Wochen später auf den Rennsteig blicken: ca. 100 km kürzer, 4000 hm weniger … und dazu jahrelange Erfahrung auf dieser Strecke … der wird zwar nicht einfach, aber sauber abgespult!
Mit dieser Einstellung bin ich am 21.05.2016 an den Start gegangen, locker los gelaufen, Zielzeit 9 Stunden … doch dann kam km 22!
Die 36. Auflage meiner Rennsteigläufe war von vornherein anders, als alle anderen Auflagen. Deswegen verdient sie einen Bericht!
Denn erstmals war Almuth mit von der Partie, entsprechend neu und neugierig waren der Besuch in Eisenach, die Ankunft im Schmiedefelder Quartier und der Abend vor dem Lauf. Und noch nie war ich nicht mit einem Bus an den Start gefahren: Almuth wollte dabei sein, alles erleben, den Kult um diesen Lauf verstehen. Also rollten wir früh morgens im PKW nach Eisenach. Ein komisches Gefühl, eingeschliffene Gleise zu verlassen.
Dann der Start, nochmal gewunken, „Wir sehen und kurz nach 9 Uhr an der Grenzwiese bei km 26!“, weg war ich.
Ich war gut unterwegs, der erste Abschnitt bis über den Großen Inselsberg ist fast Routine. Aber diese Routine endet plötzlich!
Irgendwo nach km 22 passiert etwas mit mir, das ich mir nicht erklären kann. Ich verzichte darauf, die Situation näher zu beschreiben! Später jedenfalls stellt sich heraus, dass ich mir, wie auch immer, Wirbel verrenkt habe. Ab jetzt ist alles anders. An Rennen ist nicht mehr zu denken, mein Kreislauf spielt verrückt, meine Körperhaltung alles andere als gesund. SMS an Almuth: ich werde deutlich später an der Grenzwiese sein, es gibt Probleme!
Dort komme ich nur noch vorsichtig gehend gegen 9:40 an, so spät war ich da noch nie! Ich denke über Aufgeben nach, mit dem Tempo und in dem Zustand würde ich nie zum Zielschluss in Schmiedefeld sein. Es ist Almuth, sonst eher die Vorsichtige, die mir zuredet, doch wenigstens zu versuchen, weiter zu kommen. Recht hat sie, die medizinische Betreuung bei diesem Lauf ist derart engmaschig, dass man ca. alle 2,5 km aus dem Rennen kann.
Um 10 Uhr marschiere ich los, an Rennen ist für den gesamten restlichen Tag nicht mehr zu denken. Mit bleiben 8 Stunden für ca. 46 km. Da ich ein schneller Geher bin, müsste das drin sein!
Um 14:15 Uhr erreiche ich den Grenzadler und damit km 55 bei Oberhof. Mein Zustand ist miserabel, aber es geht, und es geht weiter. Almuths Gegenwart hält mich irgendwie in Bewegung, das in Aussicht gestellte frisch gezapfte Hefeweizen auf der Schmücke spornt an! Die erreiche ich nach 64 km gegen 16:10 Uhr. Mein Gott, sonst bin ich schon über eine Stunde im Ziel!
Seit Stunden werde ich im Läuferfeld „durchgereicht“, aber das ist mir egal, ich will nur ins Ziel! Das erreiche ich dann tatsächlich gegen 17:40 Uhr, die Nettolaufzeit beträgt schließlich 11:33 Stunden, hinter mir nur noch 55 Läufer von 2127 Startern.
So hatte ich mich noch nie über den Rennsteig ins Ziel geschleppt. Aber egal, Ziel erreicht und Erlösung für Almuth, die offensichtlich mehr gezittert, als ich gelitten habe.
Und jetzt? Nach dem Rennsteig ist vor dem Rennsteig!
Es wird etwas dauern, bis ich wieder hergestellt bin, vielleicht greifen jetzt endlich (mal wieder) die guten Vorsätze, nicht nur zu laufen, sondern auch etwas für die übrige Muskulatur zu tun!
Almuth jedenfalls entwickelt „bedrohliche“ Ideen! Der Kult Rennsteiglauf scheint bei ihr eingeschlagen zu haben – sie will mich scheinbar wieder auf der Strecke sehen! Danke!