Großglockner (3798 m)
Ostanstieg (Normalweg von Kals), II, Firn und/oder Eis 35 bis 45°
Der Großglockner ist der höchste Berg Österreichs. Doch auch ohne dieses Attribut bleibt er eine beeindruckende Felspyramide, die vom Süden den Blick eines jeden Betrachters auf sich lenkt und bei seinem Anblick nicht nur das Herz des Bergsteigers höher schlagen lässt. Kein Wunder also, dass er ein begehrtes Tourenziel ist. Neben den Aufstieg über den Stüdlgrat waren wir auch auf dem Ostanstieg, den Normalweg von Kals, unterwegs - und haben im Juli 2006 erlebt, wie Bergsteigen auch ohne Un- oder Zwischenfälle zum Albtraum werden kann!
Der Bericht von 2006 wäre durch diesen Bericht, einer erfolgreichen Begehung aus dem Jahre 2007, eigentlich überholt - aber wegen der chaotischen Zustände einerseits und der herrlichen Fotos andererseits soll er hier im Anschluss seinen Platz behalten: - Zur Tour 2006 - Zunächst geht es um eine Besteigung aus dem Sommer des Jahres 2007. Kommt einfach mit auf diese Traumtour!
Talort und Ausgangspunkt: Kals am Großglockner, Parkplatz am Lucknerhaus (1984 m), zu erreichen über die Kalser Großglocknerstraße (Maut, 2006 - 8 Euro)
Anforderungen: II, im Glocknerleitl je nach Verhältnissen Schnee und/oder Eis 30 bis 45°,
Ungeübten nur mit Führer empfohlen, im Gipfelbereich des Kleinglockners mitunter Wechte bis 50°,
Der Zustieg: Vom Lucknerhaus in 2 Std. 30 min auf markiertem Steig (Nr. 702) über die Lucknerhütte zur Stüdlhütte (2802 m)
Von der Stüdlhütte auf markiertem Weg in weiteren 2 1/2 Stunden zur Erzherzog-Johann-Hütte auf der Adlersruhe. Achtung: bereits im Zustieg über das Ködnitzkees Gletscherbegehung, daher Pickel und Steigeisen erforderlich. Dann Klettersteig zur Hütte.
Die Führe: Von der Hütte auf breitem Fels-/Firnrücken nordwestlich zu einem Steilhang, der nach links unübersehbar zum Glocknerleitl führt. Dort hinauf und weiter über den Grat des Kleinglockners in die Glocknerscharte (prickelnd) absteigen und über Plattenkletterei aufwärts zum Gipfel. 1 1/2 Stunden ab Hütte.
Der Abstieg: Über die Aufstiegsroute zurück zur Adlersruhe und weiter zur Stüdlhütte oder direkt abwärts zum Lucknerhaus.
Literatur: Alpenvereinsführer "Glocknergruppe und Granatspitzgruppe", Bergverlag Rother - München, ISBN 3-7633-1266-8;
Karte: Alpenvereinskarte Nr. 40 Glocknergruppe, mit Wegmarkierungen, Maßstab 1:25.000;
Unser Team vom 02. September 2007: Heike und Andreas Richter, Aldo Bergmann
Es war ein Traum von Heike Richter, den Großglockner zu besteigen. Nun, und dieser Traum hat sich hervorragend mit meinem Interesse, den Normalweg auf diesen Gipfel nach dem Scheitern von 2006 (siehe weiter unten) doch noch zu begehen, getroffen. Und tatsächlich war dann nach vielem Hin und Her an Terminproblemen mit dem ersten
Septemberwochenende 2007 eine reale Chance in Sicht, diese Bergtour zu gehen. Und dann war es so weit!!
Aber genug der Vorrede: komm mit uns auf diese Tour, viel Spaß:
01. September 2007, es wird ernst!
Der Parkplatz am Lucknerhaus, der wohl üblichste Ausgangspunkt für Glocknerbesteigungen über die Südseite von Kals, ist erreicht.
Unsere Tour stand zwar unter dem Vorzeichen eines "Gut-Wetter-Fensters", aber davon war hier noch nichts zu merken. Der Gipfel war verhüllt, die Luft feucht und kühl, später begann es zu regnen. Trotzdem wurde die Stüdlhütte auf gutem Pfad zügig und bei bester Laune erreicht.
Das Wetter würde schon werden ...
Aber das Wetter wurde nicht gut - im Gegenteil! Der Schock am kommenden Morgen saß tief, denn der Regen war gefroren und auf die feine Eisschicht, die die ganze Landschaft verglast hatte, war dann auch noch Schnee gefallen.
Der Blick in die Gesichter vor dem Start verrät die Anspannung, der Blick in die Landschaft und auf die spiegelglatten Steige verrät das Problem.
Aber frohen Mutes "eierten" wir los und mit etwas Geschick kamen wir dann doch recht zügig voran - immer im Vertrauen auf das gute Wetter, das da doch irgendwie kommen sollte. Zumindest bis zur Hütte könnten wir es ja versuchen!
Trotz aller Rutschereien war bald das Ködnitzkees erreicht und ab hier war das Gehen dann auch wieder ein Vergnügen.
Nur der Himmel sah nach wie vor eher übel aus - und wie man auf den Foto erkennen kann, versprach auch der Felsaufschwung, den man beim Verlassen des Gletschers erklettern muss, nichts Gutes.
So einfach war das mit der nächsten Hütte, der Adlersruhe, also gar nicht. Denn wie erwartet waren auch die Felsen am Aufschwung vereist.
Trotz teilweiser Drahtseilversicherung war das Steigen eine doch eher heikle Angelegenheit. Hier wären sicherlich Steigeisen die Lösung gewesen, aber da Andreas und Heike damit klettertechnisch wenig Erfahrung hatten, haben wir aus Gründen der Sicherheit darauf verzichtet und lieber konsequent selbst gesichert.
Aber seht mal in die Gesichter meiner Berggefährten: auch wenn da vielleicht ein wenig Verzweiflung wegen der vielleicht scheiternden Tour war - es wurde gekämpft und gehofft. Und wer die Bilder genau ansieht, entdeckt zumindest auf einem schon einen Hinweis auf eine Wetterverbesserung.
Ja, die Fotos über dieser Zeile und alle, die jetzt kommen, sind von der gleichen Tour. Denn genau mit Erreichen der Adlersruhe haben wir die Wolkendecke durchstoßen. Ein Moment, der so reizvoll und schön ist, dass einem die Tränen der Freude und Rührung über die Schönheit dieser Welt einfach unkontrolliert aus den Augen schießen. Wer das je erlebt hat, weiß, was ich meine - wir waren hin vor Begeisterung. Entsprechend gut wurde die Stimmung und die Tatsache, dass wir über drei Stunden bis hierher gebraucht hatten, war schnell vergessen.
Also konnte auch ich endlich durchatmen, wir waren plötzlich für manche Geigelei zu haben und bewegten uns wenig später über einem Meer aus Wolken weiter. Das Foto mit Heike im Mittelpunkt ist wohl eines der schönsten der Tour.
Dann geht es aber schon wieder "zur Sache": die letzten drei Bilder oberhalb zeigen den Einstieg in das doch recht steile Glocknerleitl, dann Andreas und Heike, wie sie in etwa der Hälfte des Anstiegs kurz halten und schließlich nochmal Andreas.
Sein Blick verrät: es liegt noch ein gewaltiges Stück vor uns.
Zügig hatten wir im Firn das Leitl durchstiegen und dann den Bereich der Glocknerbesteigung erreicht, der zweifelsohne der spektakulärste ist: den Grat des Kleinglockners.
Ab hier hat man Tiefblicke nach Süden und Norden und arbeitet sich in gut griffigem Gelände verdammt ausgesetzt aber berauschend schön immer der messerscharfen Gratschneide folgend aufwärts.
Und so sind die Fotos aus diesem Bereich - die sich im Übrigen zu Hunderten im Internet und in der einschlägigen Fachpresse finden - wohl die schönsten, die man von dieser Tour machen kann.
Bilder 4 bis 6 des Blocks oberhalb vermitteln einen Eindruck von der berüchtigten Scharte zwischen Klein- und Großglockner. Sie ist zwar nicht breit, aber verdammt schmal. Hier hat es schon so manchen Absturz gegeben.
Das erste Bild des nächsten Blocks ist selbsterklärend ;-)))
Dann aber ging es schon wieder abwärst.
Aus Sicherheitsgründen sind wir durch das Glocknerleitl abgeseilt, konnten dann schon bal die Abendsonne vor der Adlersruhe genießen und schließlich hatten wir auch den Felssporn am Ködnitzkees hinter uns.
Mit Dunkelheit erreichten wir zwar erschöpft, aber bei bester Laune wieder die Stüdlhütte.
Ihr fragt euch jetzt, warum so es schon so spät war und dunkel wurde? Nein, nicht weil wir zu schwach waren, sondern weil wir im Aufstieg nur langsam vorwärts gekommen sind. Wieso? Zwar waren wesentlich weniger Bergsteiger unterwegs, als 2006, aber an diesem Berg tobt eine Schlacht: nämlich die der Bergführer um das Geld der Kunden. Und so sind Hobbybergsteiger, wie wir, einfach nur im Wege. Rücksichtslos wird man überholt, bedrängelt, werden eigene Sicherungen überbaut, so dass man nicht weiter kommt. Es ist teilweise zum Heulen. Aber ich lasse mich hier nicht weiter zu diesem Thema aus, warne aber alle, die diese Tour gehen wollen, sich hier auf katastrophale Zustände einzustellen.
Als wir am nächsten Tag das Auto am Lucknerhaus erreicht hat, zogen langsam die Wolken vor den Großglockner. Die Schön-Wetter-Phase war vorbei - es war, wie ganz großes Theater!
Ist es erforderlich, hier ein Fazit zu dieser Tour niederzuschreiben? Ich glaube nicht - die Bilder sagen sicher alles. Wir empfehlen jedem, der es wagt und wünscht, diese herausragende Bergfahrt unbedingt einmal zu unternehmen.
Ich selbst habe mit Heike und Andreas Richter Erfahrungen mit einem völlig neuen Team am Berg gesammelt und danke den beiden dafür. Und ich freue mich auf hoffentlich noch so manche gemeinsame Tour im hochalpinen Gelände! Ach so, lieber Andreas: in Zukunft kannst du dann die Hausschuhe in der Hütte lassen und musst sie nicht mit auf den Gipfel tragen ;)))
Traumatische Traumtour
Der Versuch einer Begehung eines belagerten Berges
Unser Team vom 23. Juli 2006: Simone und Hans-Torsten Krüger, Marion und Aldo Bergmann
Hätte ich an diesem 23. Juli 2006 schon gewusst, wie schmal sowohl die Glocknerscharte als auch der Grat des Kleinglockners wirklich sind, hätte ich meinem Team vermutlich bereits auf der Adlersruhe empfohlen, den Rückzug anzutreten. Nein, nicht weil sie zu gefährlich oder nicht zu bewältigen sind, sie sind ein Nadelöhr! Aber beginnen wir von vorn:
Nach der Watzmann-Überschreitung und dem Aufstieg zur Zugspitze via Höllental war es die Idee von Simone, doch als nächste Tour den Großglockner ins Auge zu fassen. Das kam etwas überraschend, denn der Normalweg war bis dahin nur als Abstieg nach dem geplanten Stüdlgrat vorgesehen. Doch die Idee war gut, das Unternehmen als machbar befunden, und so ging es am 22. Juli 2006 über Kals zum Lucknerhaus und vom dortigen Parkplatz aufwärts zur Stüdlhütte. Die war hoffnungslos überfüllt, selbst auf den Gängen hatten Bergsteiger ihre Schlaflager. Zum Glück hatten wir reserviert.
Doch als wir am Morgen des 23. Juli unsere Tour antraten, waren schon mindestens 60 bis 70 Personen vor uns aufgebrochen, hinter uns folgte eine ebenso lange Schlange. So richtig bewusst wurde uns dieses Ausmaß bei Erreichen des Ködnitzkees, hier verlangsamen sich alle Seilschaften, da die Eisausrüstung anzulegen ist.
Der Aufstieg über den Gletscher ist problemlos und auch der nachfolgende versicherte Felsgrat, der direkt an der Erzherzog-Johann-Hütte endet, macht keine Schwierigkeiten. Unser einziges Problem dort: während wir am Einstieg zum Grat anstanden, wie früher in diesem Teil Deutschlands bei Bananen üblich, wurden wir regelrecht frech von einem Bergführer mit 13 (dreizehn) Personen im Schlepp weggedrängelt und überholt.
Die Adlersruhe hatten wir in der angegebenen Zeit von 2 1/2 Stunden trotzdem gut erreicht und nun war klar:
Um 10 Uhr stehen wir auf dem Gipfel, denn diese 1 1/2 Stunden schaffen wir auch! Denkste!
Bild drei des Block oberhalb sagt eigentlich alles! Es herrschte Massenansturm! Man erreicht zwar noch völlig problemlos das Glocknerleitl (das auf Bild 3 oben links hier total vereiste erkennbare Firn-/Eisfeld, das zum Grat des Kleinglockners zieht und den Aufstieg vermittelt), aber dort war Schluss.
Dieser Bereich bestand aus erheblichen Blankeisanteilen und konnte nur gesichert durchstiegen werden.
Das wäre nun grundsätzlich kein Problem gewesen, die Ausrüstung dafür war am Mann - aber rankommen, das ging einfach nicht. Und anstatt um 10 Uhr auf dem Gipfel zu sein, standen wir um 10 Uhr immer noch am Fuße des Glocknerleitl. Und gegen 12 Uhr hatten wir es erst bis etwa 10 hm unter den Grat geschafft!.
Das Wetter wurde immer schlechter, die ersten Seilschaften begannen den Abstieg. Ein Vorwärtskommen war nun gar nicht mehr möglich, teilweise seilten vier Seilschaften nebeneinander ab.
Erst gegen 14 Uhr gelang es uns, selbst eine Abseilpiste zu eröffnen und ich begann, meine drei Seilpartner Person für Person mühevoll wieder abzulassen. Übrigens: Kenner der Materie sollten sich Bild 3 des Block über diesem Text mal ganz genau ansehen, ein Meisterfoto von Marion! Fehlerhafter kann Seilarbeit kaum sein! Das war aber leider nicht nur an dieser Stelle so üblich, alles gipfelte darin, dass Selbstsicherungen meiner Teamgefährten durch Fremde ausgeklinkt worden sind bzw. sie sich einfach mit eingeklinkt haben!
Aber wir haben es geschafft, und auf tweiten Bild des folgenden Blocks stehen Hans-Torsten und Marion, inzwischen in Winterkleidung, da Schneefall eingesetzt hatte, an einem Standplatz an einer Spalte.
Wenig später saßen wir gemeinsam mit Joachim Weiland aus München, den wir im Glocknerleitl in unser Team aufgenommen und mit abgeseilt hatten, in der Erzherzog-Johann-Hütte beim verdienten Bier. (Bild 13)
Es folgte schließlich der Abstieg auf der Zustiegsroute (Bild 14), "Abrüsten" am Fuße des Gletschers und letzten Endes war auch die Stüdlhütte wieder sicher erreicht worden. (Bild 15)
In der Zeitschrift "Alpin 9/2003" war ein Beitrag zum Großglockner wie folgt überschrieben worden:
"Ein Gipfel zwischen Traum und Albtraum". Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
Wenigstens war uns erspart geblieben (anders hingegen einigen anderen Bergsteigern, die wie wir den Rückzug angetreten hatten) die Glocknerscharte zu erreichen. Denn da oben sei gar nichts mehr gegangen: zu eng und vor allem: zu viele ungeübte Personen, die von (aus meiner Sicht unverantwortlichen) Bergführern im Toperope (!!!!) auf die Platte, über die man die Scharte zum Gipfel verlassen musste, gesichert worden sind.