Tour 01/2017
Mit dem Handfeger zur Jahresersten
Als endlich das Einklinken der Selbstsicherung in der Abseilöse zu hören ist und Wiese deutlich erleichtert „Stand“ ruft, atmen wir alle durch. Denn der Alte Weg (I) am Würfel im Bielatal, eigentlich eine sehr sehr leichte Kaminkletterei, hatte sich bei ca. 25 cm Pulverschnee und in Bergstiefeln vor allem für den Vorsteiger als eine echte Herausforderung erwiesen.
Aber von vorn …
Der Anlass, das erste Wochenende des Jahres im Elbi zu verbringen, war ein verdammt trauriger: Abschied von Spinne im Freundeskreis, draußen in den Bergen, dort wo er nur zu gern war, bei Lagerfeuer, Geschichten, gemeinsamen Gesängen. Ich habe im letzten Moment gekniffen – mal abgesehen davon, dass ich zu seinem sehr engen Freundeskreis nicht gehört habe, hatte ich einfach Grauen vor dieser kollektiven Trauerbewältigung.
Und so waren wir im herrlich tief eingeschneiten Elbsandsteingebirge am Samstag gemeinsam mit Almuth und Diana unterwegs zur Webergrotte, zufällig genau auf der Wanderung, die Ostern 2013 meine letzte gemeinsame mit Spinne gewesen ist. Für die diesjährige Tour sollen die Bilder sprechen.
Übrigens haben wir heuer nicht den offiziellen Rückweg gewählt, sondern sind über den leider über den Gipfelzustieg hinaus gesperrten Jortan zum Grenzweg aufgestiegen, und diesen bis zum Roßsteig und über die Goldsteigaussicht zurück zur Neumannmühle gegangen – eine im Schnee sehr anstrengende aber traumhaft schöne Tour.
In der Buschmühle ist auch Wiese, aus dem Isergebirge vom Skilanglauf kommend, zu uns gestoßen, denn der folgende Tag sollte ein ganz besonderer werden: wir wollten trotz Kälte und Schnee in Massen eine Jahreserste steigen.
Dafür hatte ich den bereits genannten Würfel im Bielatal ausgesucht. Mühevoll war er im Tiefschnee erreicht und Wiese war, auf mein Zureden zum Vorstieg entschlossen, schon bald im frei gefegten Einstieg unterwegs. Schon hier hatte sich gezeigt, dass der Handfeger das wohl wichtigste Utensil des Tages ist.
Erst passierte genau das, was hier immer passiert (deswegen immer schön andere vorsteigen lassen, die den Weg nicht kennen): Im verdammt engen Kriechloch klappt Wiese nach vorn, seine Beine hängen in der Luft und nun heißt es robben, robben, robben! Schimpfen hilft nicht!
Das ist dann in der Regel schon das ganze Problem des Weges, aber heute war nicht die Regel! Immer wieder musste Wiese Tritte und Bänder frei fegen, später die Abseilöse suchen. Zudem waren die verschneiten glatten Tritte mit Bergstiefel deutlich schwerer zu händeln, als im Kletterschuh, dazu war es kalt und nass. Almuth erreichte wenig später souverän mit einem kleinen Rutscher den Gipfel und durfte das Gipfelbuch suchen und ausgraben, ich röchelte mich durch die glatte Schlotte und war heilfroh, als ich oben war.
Berg heil Kameraden, danke für diese tolle Jahreserste, die wir in der Art so schnell wohl nicht wieder erleben werden.
Übrigens haben wir Diana regelrecht daran gehindert, diesen Weg zu steigen. Sie ist noch zu frisch im Klettergeschehen und hätte hier vielleicht ihr persönliches Waterloo erlebt, denn zu sehr waren wir erfahrenen Kletterer hier an unserer Grenze!
Ich hoffe, sie ist uns nicht mehr böse. Und Wiese müsste eigentlich einen goldenen Handfeger verliehen bekommen, es dürfte etliche Kilogramm Schnee gewesen sein, die er vom Gipfel geräumt hat.
Ein wirklich tolles erlebnisreiches Winterwander- und Kletterwochenende. Und bezogen auf den eigentlichen Anlass bleibt zu sagen: Spinne hätte das gefallen! Mach‘s gut, Du sitzt in unserem Herzen auf jedem unserer Gipfel!
Bilder dieses Beitrages stammen auch von Almuth Dictus und Dirk Wiesner