Kleiner Falzaregoturm (Torre Piccola di Falzarego), 2500m
Südkante, (IV+)
Auf den ersten Blick geht der Kleine Falzaregoturm dem unaufmerksamen Betrachter vor seinem großen Bruder, erst recht aber vor der gewaltigen Kulisse der Tofana di Rozes und des Langazu, verloren. Beim genauen Hinsehen entpuppt er sich jedoch als ein Felsturm mit steilen Wandabbrüchen - vor allem aber mit einer scharf geschnittenen, kühn aufragenden Südkante! Und diese Südkante ist eine der beliebtesten Kletterein der gesamten Dolomiten im unteren Schwierigkeitsbereich. Die Kante hält, was ihr Anblick verspricht: steile bis geneigte Kletterei, Wand, Risse, Kamine, Verschneidungen - und das alles in überwiegend sehr gutem und festem Gestein. Übrigens: Selbst der fußfaule Kletterer kann mit nur schlappen 30 Minuten Zustiegszeit hier nicht meckern.
Talort und Ausgangspunkt:
Parkplatz an der Rifuigio Col Gallina, ca. 1 km unterhalb der Passhöhe des Falzaregopasses - von Cortina d'Ampezzo kommend, (2054m),
Anforderungen:
IV+ in den ersten beiden Seillängen, andere Quellen auch: 1. SL V-, dann IV und III+, nur die letzte Seillänge ist deutlich leichter (II),
Kletterlänge: 230 m - 7 Seillängen, Kletterzeit: Angabe lt. Führer 2 Std., wir haben 3 Std. gebraucht.
Der Zustieg:
Vom Parkplatz auf sehr gutem Fußweg in Richtung Falzaregoturm bis zu einer zerfallenen Kaserne ansteigen, dort auf steilem Pfad direkt zum Einstieg oberhalb der Ruinen. (Gehzeit ca. 30 min)
Die Route:
Ca. 10 m rechts eines deutlichen Kamin-, Verschneidungssystems (rote "10" in ca. 12 m Höhe) einsteigen und den teilweise roten Markierungen, zunächst durch Risse und Kamine, dann direkt auf der Kante zum Gipfel folgen.
(Klick hier für ein Foto mir grobem Tourenverlauf.)
Hinweis zur 2. SL:
Man steigt vom 1. Standplatz zunächst über ein steiles Wandstück in ein deutlich erkennbares teilweise leicht überhängendes Riessystem und folgt dem, bis man die Kante direkt vor sich hat. Man ersteigt sie hier jedoch nicht direkt, sondern erklimmt zunächst eine links der Wand vorgelagerte Schuppe, geht auf ihr ziemlich weit nach hinten und steigt dann die steile Wand in Richtung Höhle.(vgl.Foto)
Hinweis zur 3. SL:
Aus der Höhle rechts der Kante recht luftig hinausqueren und dann in einen schon deutlich erkennbaren abdrängenden Riss steigen. Im Riss liegt eine rot gekennzeichnete Super-Sanduhr.
Die übrigen Seillängen ergeben sich von selbst. Nur im oberen Drittel verliert sich die Kante plötzlich und setzt rechts neu an. Hier quert man an der Wand schräg rechts aufwärts zu neuen Linie der Kante.
Abstieg:
Nordöstlich entweder etwa 15m auf Pfad absteigen oder abseilen, dann 1 x 25m in die Scharte zum Großen Falzaregoturm abseilen. Nun durch die westliche Schlucht und später auf Pfad (I und II) zurück zum Weg, der zum Einstieg führt, absteigen.
Absicherung:
Stand- und Zwischenhaken sind vorhanden. Zahlreiche weitere natürliche Sicherungspunkte.
Literatur: Anette Köhler / Norbert Memmel, Kletterführer Dolomiten, Bergverlag Rother, ISBN 3-7633-3015-1 (Auch als Touren-Disk erhältlich, Titel: "Felsenparadies Dolomiten, 106 mal Klettergenuss zwischen III und VII")
"Dolomiten vertikal", Band Nord, Stefan Wagenhals & Freunde, ISBN 3-934650-01-5, - top!
Unsere Teams am 13.09.2005: Thomas Herrmann und Steffen Große / Aldo Bergmann und Andreas Richter
Nachdem wir uns am Il Gobbo, und am Torre Grande auf den Kalk der Dolomiten eingestellt hatte, ging es an diesem 13. September 2005 zu einer Perle der Kletterei im Bereich des Falzaregopasses: der Südkante des Kleinen Falzaregoturms. Diese Kletterei war uns wegen der Nähe zum Parkplatz auf der einen Seite, insbesondere aber wegen der überschaubaren Länge und der nach oben abnehmenden Schwierigkeiten aufgefallen.
Als wir uns dann im Bereich der zerfallenen Kaserne und somit unmittelbar unter dem Einstieg befanden, hat es uns doch ein wenig den Atem verschlagen. Denn in den ersten beiden schwierigsten Seillängen geht es beeindruckend senkrecht die Wand hinauf, ehe man auf die direkte Kante gelangt.
(Bild 1: die erste und die zweite Seillänge sind auf dem Bild über dem rechten dunklen Fenster der Ruine zu erkennen und werden durch einen feinen Riss - zumindest aus dieser Entfernung fein - vermittelt, der oben links in das von unten kommende auffällige Kamin- und Verschneidungssystem, führt. Am oberen Bildrand ist die Höhle auf der Kante zu erkennen.)
Aber entschlossen ging es zur Sache. Zunächst die übliche Prozedur der Teamverteilung und des Ankleidens und schon war Thomas für die erste Seilschaft im Einstieg unterwegs.
Die ersten beiden Seillängen haben es derart in sich, dass wir glatt das Fotografieren vergessen haben. Zumindest teilweise, denn auf Bild 5 steht Steffen in einer kleinen Höhle am Standsplatz nach der zweiten Seillänge und endlich direkt an der Kante. Das folgende Bild ist aus dieser Höhle aufgenommen worden, jedoch nach unten: Andreas Richter hat die Kamine und Risse hinter sich und staunt über die ca. 10m hohe steile Wand, die zur Höhlung führt. ( links unten der Bereich des Einstieges, schlappe 80m tiefer. Er steht auf der Schuppe, vgl. Topo)
Nach der Höhle muss man noch einmal richtig zupacken, sich durch einen bissigen Riss mogeln und dann geht es im oberen dritten Grad immer an der Kante nach oben: das ist Kletterei vom Feinsten und jeder von uns hat sich gewünscht, dass es so noch ewig weiter geht.
Aber denkste, die Kletterei ist mit sieben Seillängen doch recht übersichtlich und so präsentiert sich Andreas auf dem dritten Bild der zweiten Bildreihe am letzten ausgesetzten Standplatz unmittelbar auf der Kante. Unter ihm die Falzaregopassstraße und der Parkplatz, auf dem unser Fahrzeug steht.
Bild 9 bedarf keiner großen Erklärung: ich sichere Andreas auf den letzten Metern zum Gipfel.
Auch am Kleinen Falzaregoturm gilt, dass Berg und Tour erst in der Tasche sind, wenn man wieder unten ist. Aber das geht hier recht unproblematisch. Zunächst steigt man ca. 15m nordöstlich vom Gipfelkopf ab - oder macht es wie wir: abseilen.
Dann folgen 25m Abseile in die Scharte zum Großen Falzaregoturm und anschließend klettert man in die westliche Schlucht zum Ausgangspunkt ab. (Bild 9 - Abstieg I und II)
Unser Fazit: Solche Kletterei birgt einen hohen Suchtfaktor in sich - also äußerste Vorsicht bitte beim Nachmachen!